Lehren und lernen im Zeichen der Digitalisierung
Mit dem Friedrich-List-Berufskolleg sind wir eine von 35 Werkstattschulen in Deutschland, die sich gemeinsam auf den Weg machen, den digitalen Wandel zu gestalten und die Möglichkeiten der Digitalisierung für eine gerechte, zeitgemäße und inklusive Bildung zu nutzen. Das Forum BD unterstützt uns dabei mit der Expertise aus Wissenschaft und Praxis. Ziel des Werkstattprozesses ist die Entwicklung innovativer Bausteine für Unterrichts- und Schulentwicklung. Die Ergebnisse werden allen Schulen als Open Educational Resources vom Forum BD zur Verfügung gestellt werden.
Saskia Ebel, Projektleiterin und Tabletbeauftrage an der WES in Karlsruhe und ihr Kollege Timo Münzing berichten uns am Vormittag aus ihrer sogenannten Schatzkiste, die jede Werkstattschule im Laufe des Prozesses öffnet und mit den anderen Schulen teilt. Bestandteil der WES-Schatzkiste sind auf jeden Fall die Tabletklassen, die unter anderem in der Abteilung Einzelhandel existieren. Eine Gruppe angehender Einzelhändler und Einzelhändlerinnen stellt uns anschließend ihre Unterrichtsergebnisse, die sie mit dem Tablet erarbeitet haben, vor. Die Schüler der Tabletklasse drehen beispielsweise fortlaufend die Soap „Einzelhändler unter sich“. Gespielt wird das Alltagsleben einer WG, deren Bewohner eine Ausbildung im Einzelhandel absolvieren. Rechtliche Fragestellungen klären sie mit der Rechtsanwältin, die im Haus der WG eine Kanzlei führt. Neben der Soap stellen die Schüler vielfältige andere Ergebnisse vor, die belegen, dass die Tablets bei verschiedensten Inhalten pädagogisch sinnvoll und zum Einsatz kommen.
Als Input aus der Forschung lernen wir in Karlsruhe Dr. Lena Florian von der Uni Potsdam kennen. Ihr Vortrag und die anschließenden Gespräche hierzu sind für uns sicher die Highlights der Veranstaltung. Lena war einige Jahre als Lehrerin für Mathematik und Latein an der Voltaireschule in Potsdam tätig. Heute ist sie Projektleiterin im Digital Lab der Uni Potsdam. Das Freiarbeitskonzept Mathematiika, das Lena uns in einer sehr kurzweiligen Präsentation vorstellt, begegnet der Problematik, dass sich Mathe vielen Schülerinnen und Schülern schwer verständlich und nicht zugänglich zeigt. In Mathematiika erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler (SuS) in verschiedenen Modulen die Mathematik selbst. Das dargestellte Format orientiert sich an den Stärken der Schüler und variiert individuell. Übergeordnete Kompetenzen wie Selbstorganisation und -motivation werden trainiert. Der Lehrer ist in diesem Konzept Coach für den Lernprozess der SuS. Das Modell bietet den SuS verschiedene digitale und analoge Zugänge zu einem Themengebiet. Dadurch wird ein hohes Maß an Differenzierung ermöglicht: Alle SuS können auf unterschiedlichen Wegen das Gleiche erreichen. Uns hat das Konzept gefallen und Lenas Anmerkung: „Die Digitalisierung geht nicht mehr weg.“ hat sich fest im Kopf verankert.
Am zweiten Tag des Treffens öffnen wir unsere Schatztruhe und stellen das Konzept des agilen Lernens mit der Projektmanagementmethode Scrum vor. Seit dem Schuljahr 2017/18 setzen wir diese Methode im Bildungsgang ITA (Staatlich geprüfter kaufmännischer Assistent, Schwerpunkt Informationsverarbeitung) um. Agiles Arbeiten mit Scrum ist in vielen Unternehmen die Antwort auf die digitale Transformation. In der ITA haben wir die agilen Prinzipien auf den Unterricht übertragen. Unser Ziel ist es dabei, die Schülerinnen und Schüler auf die veränderten Anforderungen der digitalisierten Berufs- und Lebenswelt vorzubereiten. Die Schüler erhalten einen Projektauftrag, den sie selbstgesteuert und selbstorganisiert bearbeiten. Kollaboratives und kreatives Arbeiten stehen dabei im Mittelpunkt. Die Schülerinnen und Schüler dokumentieren Ihren Lernprozess am sogenannten Scrum-Board, auf dem jederzeit ersichtlich ist, welche Arbeiten noch erledigt werden müssen und welche (Teil-)Produkte schon fertig gestellt sind. Unsere Zuhörer haben großes Interesse an den Ausführungen und es ergeben sich wieder interessante Gespräche.
Die Inputs aus Wissenschaft und Praxis geben uns neue Ideen für die Arbeit in den Teams. An beiden Werkstatttagen arbeiten nämlich in erster an unseren Bausteinen. Es geht um Veränderungen von Unterrichtsorganisation, Leistungsbeurteilung und Kollaboration durch den Einsatz digitaler Medien. Unsere Gruppe hat sich im Besonderen der Frage, wie sich die Haltung der Lehrkräfte im Rahmen des digitalen Wandels verändern sollte, gewidmet. Der Austausch mit den Kollegen ist wertvoll. Wir tauschen uns die Erfolge und die Stolpersteine auf dem Weg zur Digitalisierung unserer Schulen aus und können alle von den Erfahrungen der anderen profitieren. Für alle ist aber klar: die Digitalisierung der Bildung bietet vielfältigen Mehrwert für das Lehren und Lernen.
Das Forum Bildung Digitalisierung ist ein gemeinnütziger Verein, der sich der komplexen Aufgabe verschrieben hat, den digitalen Wandel im Bildungsbereich zu gestalten und die Chancen digitaler Medien für die Schul- und Unterrichtsentwicklung zu nutzen. Das Forum bietet allen maßgeblichen Akteuren aus Bildungspraxis, Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft eine Plattform, bildet unterstützende Netzwerke, führt den Dialog und arbeitet in Werkstätten und Veranstaltungen an der Vision von Bildung in der digitalen Welt und an ihrer Verwirklichung. In dem Verein engagieren sich derzeit sieben große deutsche Stiftungen: Deutsche Telekom Stiftung, Bertelsmann Stiftung, Dieter Schwarz Stiftung, Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, Robert Bosch Stiftung, Siemens Stiftung und Stiftung Mercator.
Uta Eichborn und Petra Walenciak
Weitere Infos unter: https://www.forumbd.de/werkstatt/werkstatt-schulentwicklung/